Ach wie lieben wir doch das leichte Essen! Und Reis gehört da einfach dazu.Die Reisdepression lässt sich wie eine normale Depression in mehrere Phasen unterteilen.
Phase 1 „Euphorie über das leichte Essen“
Hier werden wir schlank! Sieh dir das nur an. Ein bisschen gegrilltes Hühnchen, dazu Reis, ein paar Sojasprossen und eine scharfe Soße. Das ist das Nationalgericht hier und für nur 1,80€. Ich will hier nie wieder weg! Dreimal täglich „Pad Thai“, „Cao Lau“, „Green Curry“ –kein Problem. Gerne auch noch mehr! Brot, Käse, Kartoffeln, Milchprodukte? Nie davon gehört. Reis rockt. Reis macht nicht sonderlich satt. Reis schmeckt eigentlich nach nicht viel. Aber! Reis ist so austeigermäßig. Mit dem Duft der Garküchen verbinden wir Freude, Lust aufs Essen und Aufregung. Die Geräuschkulisse von klappernden Wok-Pfannen und spritzendem Öl ist wie eine Einladung auf den kleinen Plastikstühlen Platz zu nehmen und eine Portion Reis zu essen. Kulinarisch bewegen wir uns hier als hätten wir nie etwas anderes gegessen.
Phase 2 „Fremdessen“
Echt du holst dir 2 Chickenburger mit Pommes im Mc Donalds? Jede Frau weiß was nun passiert. „Willst du auch etwas?“ Mit Empörung rufen wir standesgemäß: „Nein!“, nur um dann heimlich die versalzenen mit Ketchup bestäubten Pommes vom Freund zu stibitzen. Gut zwei bis zehn Pommes zählen nicht und der Mc Donalds Besuch war die absolute Ausnahme. Kurzzeitige Gedanken einfach etwas Ketchup mitzunehmen um die nächste Portion Reis zu würzen werden schnell verworfen. Hier in einer heißen, tropischen Nacht kam er dann, der Gedanke an ein Käsebrot mit Gurke. Am nächsten Morgen aufgewacht wie nach einem schlechten Traum mit dem Gefühl etwas Verbotenes gemacht zu haben. Was war nur los an der asiatischen Reisfront? Schaffen wir es vom heißen Flirt in eine dauerhaft befriedigende Beziehung? Erste Zweifel kommen auf und ich bin nicht alleine. Mit Kapuzenpulli, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, versuchen wir den nächsten Chickenburger abzuschleppen! Wir sollten uns schämen.
Phase 3 „Gönn dir reichlich“
Verbote sind nur so lange interessant, wie es Verbote bleiben. Also los geht’s! Der Versuch die unterdrückten Gelüste nach gewohnt deftigem Essen zu stillen, endete mit unbefriedigendem Essen wie Hamburger, Pizza, Schnitzel und Süßkram. Tja, wir sind richtig satt mit leichter Übelkeit. Aber jetzt kommt bestimmt wieder die Zeit wo wir uns auf leichtes Essen mit Reis freuen. Die Abnabelungsphase von „Gönn dir reichlich“ zur „Reiseurphoriephase“ ist schwerer als gedacht. Nudelsuppen, Reisgerichte stehen jetzt wieder auf dem Programm. Es kann doch nicht so schwer sein, jetzt Reis dich doch mal zusammen!
Phase 4 „Sparflamme“
Wie nach einer Beziehungspause sitzen wir wieder hier. Wir und der Reis zusammen an einem Tisch. Es herrscht eine bedrückte Stimmung aber wir lachen und betreiben Konversation. Der Reis soll sich nicht komisch vorkommen, schließlich steht so viel auf dem Spiel! In der Regelmäßigkeit der Reiseinahme versuchen wir unseren Frieden zu finden aber leider fühlt sich alles so falsch an. Wir treiben Sport aber der Reis stärkt uns nicht den Rücken, wir wandern aber der Reis hatte keine Lust- wir versuchen Pepp mit verschiedenen Geschmackspartnern in die Sache zu bringen aber der Reis lässt sich nicht von seinem faden, allgegenwärtigen Thron holen. Wir fahren mit dem Reis wie mit angezogener Handbremse. Erste Schnitzel kreuzen wieder unseren Weg.
Phase 5 „Akzeptanz“
Wir hatten Höhen und wir hatten Tiefen. Der Reis ist nun unser stiller Begleiter geworden. Er strotzt immer noch vor Selbstbewusstsein und er hat recht. Wir kommen ja doch nicht ohne ihn aus. Wir haben ihn Sättigungsbeilage genannt und selbst das ist ja offensichtlich schwer übertrieben. Nun herrscht Funkstille. Hin und wieder begegnen wir uns dort wo die Wok-Pfannen klappern und das heiße Öl zischt.